Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse. |
Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen
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"Die Löschtaste am Computer fehlt
Seit 25 Jahren gibt es Punkte in Flensburg ... Verkehrssünderkartei,
das hört man im Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nicht so gern.
Korrekt heißt die berühmteste Statistik Deutschlands "Verkehrszentralregister"
(VZR). Vor 25 Jahren wurde in Flensburg damit begonnen, Entscheidungen
von Fahrerlaubnisbehörden, Bußgeldstellen und Gerichten zu erfassen
und Verkehrssündern Punkte zu geben. ... 6,9 Millionen Verkehrssünder
sind hier als Akten und Computerdaten abgelegt. ... Die etwa 250 Angestellten
des VZR kümmern sich täglich um 40 000 Anfragen von Privatpersonen
und Ämtern, meist sind es Auskünfte an Verwaltungen oder Gerichte.
Autofahrer wollen oft wissen, wie viele Punkte sie haben, für einen
neuen Arbeitgeber oder zur eigenen Sicherheit. Das kostet sie nichts. Einen
Vordruck dafür findet man im Internet unter www.kba.de." FAZ
30.4.99 S. 10
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"Verzicht auf Auskünfte zu Gentests erwogen
Standard Life expandiert
In Großbritannien wird das Thema Gentest offener diskutiert
als in Deutschland. Die Mehrzahl der britischen Lebensversicherer fragt
allerdings nicht danach. Dagegen verlangen die heimischen Versicherer Auskunft,
wenn Tests gemacht wurden. ... In Deutschland fragen die Lebensversicherer
im Rahmen der vorvertraglichen Gesundheitsprüfung in der Regel nach
den Untersuchungsergebnissen der letzten fünf Jahre. Das macht auch
Standard Life Deutschland. Sie erwägen jedoch, den ausdrücklichen
Zusatz einzuführen, daß damit keine Gentests gemeint seien.
Die Entscheidung darüber fällt demnächst. Nach dem Verständnis
der deutschen Versicherer dürfen Kunden, die einen Gentest gemacht
haben, diese Information ihrem Versicherer nämlich nicht vorenthalten.
Sie würden damit ihre vorvertraglichen Anzeigepflichten verletzen
und so den Versicherungsschutz gefährden." HB 30.4.99 S. 28
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"Keine Kündigung trotz Lüge
Die Kündigung wegen Falschbeantwortung der Frage nach einer
Stasimitarbeit ist nicht gerechtfertigt, wenn die Mitarbeit nicht gravierend
war und ein nach der Wiedervereinigung begonnenes Arbeitsverhältnis
jahrelang unbeanstandet blieb. Das hat das Bundesarbeitsgericht gestern
entschieden (Az.: 2 AZR 470/98)." HB 30.4. S. 4
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"Den Hackern wird das Leben leichtgemacht
14. Teil der WELT-Serie 'Die digitale Revolution': Wachsende
Zahl von Attacken aus dem Internet ... Lohnende Ziele gibt es genug. Etwa
Listen von Paßwörtern, mit denen man sich Zugang zu Firmennetzen
verschaffen kann. Für alle gängigen Betriebssysteme gibt es inzwischen
Werkzeuge, solche Dateien widerrechtlich zu lesen. Mit anderen Programmen
kann sich der Hacker zum Administrator fremder Rechnernetze machen. Die
mondernsten bieten inzwischen gar eine graphische Benutzeroberfläche,
die es auch dem mäßig begabten Datendesperado ermöglicht,
sein Glück zu probieren. Umschlagplatz für solche Programme ist
das Internet. ... 'Wer im Internet ist', so Rüdiger Riediger vom Hamburger
Cert, 'ist angreifbar'. Besteht zwischen dem eigenen Rechner und dem Internet
ständig eine Verbindung, kann ein Angreifer versuchen, direkt in die
Maschine zu gelangen. Abhilfe schafft hier eine elektronische Trennmauer,
eine sogenannte Firewall, die suspekte Befehle zurückweist. Gerade
Mittelständler, so warnt das Bonner Bundesamt für Sicherheit
in der Informationstechnik (BSI), unterschätzen oft die Gefahr. ...
Am besten ist es, so das BSI, wenn der Internet-Rechner keine kritischen
Firmendaten enthält." WELT 30.4.99 S. 20
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"Ohr verrät Täter
... England ... Dort hat man nun eine Datenbank mit rund 1200
Bildern von Ohrabdrücken von Verdächtigen angelegt. ... Ein Ohrabdruck
läßt sich laut einem Artikel in der kommenden Ausgabe der Computerzeitschrift
'Computer Easy' einer Person präziser zuordnen als ein Fingerabdruck."
Tsp. 30.4.99 S. 43
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"Nach Mißbrauch Umrüstung von 1200
Geldautomaten
Nach einer Serie von Betrügereien mit Kredit- und Bankkarten
werden in Dänemark etwa 1200 Geldautomaten umgerüstet. ... Kreditbetrüger
stahlen dabei offenbar die Geheimcodes der Bankkarten, indem sie ein elektronisches
Gerät mit Kleinstcomputer auf die Einführungsschlitze von Geldautomaten
montierten und auf diese Weise Informationen von Magnetstreifen der Plastikkarten
auslasen." FAZ 30.4.99 S. 10
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LOKALES
BERLIN
"Große Koalition verschärft das Berliner
Polizeigesetz
Datenschützer kritisiert Kontrolle ohne Verdacht ... Die
stellvertretende Berliner Datenschutzbeauftragte Claudia Schmid sagte der
'Berliner Zeitung', sie habe 'erhebliche Bedenken' gegen diese Neuregelung.
'Es ist ein weiterer Schritt zur Verschärfung des Polizeirechts. Bisher
galt die Regelung, wer sich nichts zuschulden kommen ließ, der wurde
auch von Polizei und Staat in Ruhe gelassen.' Die Datenschutzbeauftragte
fordert eine scharfe Kontrolle der erweiterten Befugnisse durch das Parlament."
BerlZtg 30.4.99 S. 1
"Opposition warnt vor Dauer-Kontrollen durch die
Polizei
Große Koalition verabschiedet neues Sicherheitsgesetz
für Berlin ... Die Grünen befürchten aber, daß es
immer eine 'besondere Lage' geben könne. 'Deswegen kann der Polizeipräsident
auch ständig die Schleierfahndung anordnen', so Wolfgang Wieland.
Auch die PDS sowie die nicht im Abgeordnetenhaus vertretene FDP sind
gegen das neue Gesetz. ... In Bayern ist die verdachtsunabhängige
Kontrolle bereits am 1. Januar 1995 eingeführt worden. Sie ist dort
aber nur auf internationalen Transitstrecken erlaubt. In Wohngebieten in
Bayern darf diese Regelung nicht angewendet werden. In Berlin hingegen
können die Personen und Fahrzeuge im gesamten Stadtgebiet überprüft
werden." BerlZtg 30.4.99 S. 17
Kommentar:
"Jeder ist verdächtig!
... Warum reagiert Berlin bei der Sicherheit so über? Selbst
Bayerns verschärftes Polizeigesetz läßt nur im Grenzgebiet
Schleierfahndung zu, in einer Stadt wie München bleibt sie auf große
Durchgangsstraßen beschränkt. Die Antwort ist: In Berlin wird
besonders gerne auf der Straße demonstriert. ... Sie wird jedoch
bei Unbeteiligten mehr Zweifel am Rechtsstaat bewirken, als Straftäter
ins Gefängnis bringen. In erster Linie wird Berlin mit der Gesetzesverschärfung
seinem alten Ruf als Polizei-Stadt gerecht - einer Stadt, in der Polizisten
mehr zu sagen haben, als irgendwo anders in Deutschland." BerlZtg
30.4.99 S. 17
"Polizeigesetze von CDU und SPD beschlossen
Das Abgeordnetenhaus hat gestern mit den Stimmen von CDU und
SPD das Polizeigesetz verschärft. Künftig kann die Polizei von
der 'Schleierfahndung' und von Aufenthaltsverboten zur Verhinderung von
Straftaten Gebrauch machen. ... Bürgerrechtsverbände hatten scharfe
Kritik geäußert. Mit der Schleierfahndung können Personen
flächendeckend ohne Verdacht kontrolliert werden, sofern eine 'gefährliche
Lage' angenommen wird." Tsp 30.4.99 S. 14
"Parlament verschärft Polizeigesetz
In Zukunft sind Schleierfahndung und verdachtsunabhängie
Kontrollen erlaubt ... Der sicherheitspolitische Sprecher der Union, Roland
Gewalt, begründete die Zustimmung zu dem Gesetz mit dem Schutzbedürfnis
der Öffentlichkeit. .... Gleichwohl habe die Gesetzesnovelle erfreulicherweise
zur Folge, daß jetzt auch Kofferräume von Kraftfahrzeugführern
nach Verbandskästen und Warndreiecken durchsucht werden könnten.
... Auch der sicherheitspolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz,
verteidigte die Gesetzesverschärfung: 'Dadurch entsteht weder ein
Bürgerkrieg noch droht der Verfall des Rechtsstaates'. Wer sich gegen
die verdachtsunabhängigen Durchsuchungen und Kontrollen wehren wolle,
könne das Bundesverfassungsgericht anrufen. ... Die Koalition mache
entgegen aller Verlautbarungen 'reinen Wahlkampf', sagte Wolfgang Wieland
(Grüne). Während Bayern und Baden-Württemberg die Kontrollmöglichkeiten
des Bundesgrenzschutzes an Bahnhöfen und Flughäfen nur durch
polizeiliche Einsätze auf Autobahnen erweitert habe, beschreite Berlin
den drastischeren Weg, obwohl es als Nichtflächenstaat über gar
keine sogenannten Schengen-Grenzen verfüge. In Berlin ist der gesamte
öffentliche Raum betroffen." WELT 30.4.99 S. 34
"Beschlossen wie vorgelegt
Koalition bleibt ungerührt: Trotz Protesten hat das Parlament
die Verschärfung des Polizeigesetzes gestern verabschiedet ... Bei
den Demonstrationen rund um den 1. Mai wird das verschärfte Gesetz
jedoch noch nicht zur Anwendung kommen, wie die Sprecherin der Innenverwaltung,
Isabelle Kalbitzer, auf Anfrage mitteilte. ... Beschlossen wurde nach kurzer
Debatte auch die Umwandlung der Freiwilligen Polizeireserve in einen Freiwilligen
Polizeidienst. ... PDS und Grüne kritisierten die Umwandlung scharf.
Der grüne Abgeordnete Norbert Schellberg sprach von einer 'unsäglichen
Kompetenzerweiterung' für den künftigen Freiwilligen Polizeidienst."
taz S. 30
Kommentar:
"Die SPD hat versagt
Bürgerrechte fahrlässig preisgegeben ... Berlin hat
ein weiteres Stück auf dem Weg in den polizeilichen Kontrollstaat
zurückgelegt. Womöglich werden bei solchen Kontrollen zufällig
einzelne Kriminelle erwischt, doch der Preis, den alle BürgerInnen
dafür zahlen, ist hoch: Sie müssen ohne Anlaß Personen-
und Verkehrskontrollen über sich ergehen lassen." taz 30.4.99
S. 29
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